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1923 Französische Soldaten in Grumme

Die französischen Truppen (159. Alpenjägerregiment) erschienen am 23. Mai 1923 in Grumme. Auch die Zeche Constantin 6/7 wurde besetzt. Wegen des Streiks wurde dort aber in dieser Zeit kaum Kohle gefördert.

Die katholische Volksschule wurde durch das städtische Bauamt zur Unterbringung von französischen Besatzungstruppen geräumt. Die Schüler wurden auf die Liboriusschule und andere Schulen verteilt.
Am 9. April 1924 stellte der General Franck dem Oberbürger einen Requisitionsbefehl zu, nach dem ein Teil des Grummer Friedhofs zum französischen Friedhof werden sollte. Die Einfriedung des französischen Friedhofes sollte durch eine Holzbarriere mit 3 Toren erfolgen. Das Innere des Friedhofes wurde in 4 gleiche Teile geteilt, in dem in der Mitte ein Platz freigelassen wurde, auf dem ein Steinblock errichtet wurde. In der Mauer dieses Steinblocks sollte ein in französischen Farben gestrichener Fahnenmast befestigt werden, an dem dann täglich die französische Fahne gehisst wurde. Vier französische Soldaten wurden während der Besatzungszeit beigesetzt. 14 Tage nach

erweiterter Grummer Friedhof, Stadtplan von 1928

Abzug der Besatzung wurden die Überreste in Begleitung eines französischen Offiziers ausgegraben und in die Heimat überführt.

Aus der Chronik von Peter Hagemeister:

Zeitzeuge Georg H. 1900 in Grumme geboren – Gärtner – (März.1981):
„1923 wurde die katholische Volksschule an der Josephinenstraße belegt, die Schüler mussten sich auf die evangelische Schule an der Liboriusstraße und andere Schulen verteilen. Vorne vor dem Schultor standen ein paar Posten, und eine ganze Kompanie Franzosen war da drin, Gebirgsjäger oder so etwas. – Die Zeche und die Eisenbahn wurden durch die Franzosen geleitet, die hatten das in Beschlag. Die Bergleute haben dann bei dem passiven Widerstand sich unten auf ein paar Kisten gesetzt und Mühle gespielt und keine Kohle abgebaut. Einige Auseinandersetzungen sind wohl vorgekommen, einige Streiche wurden den Franzosen wohl gespielt, viele haben aber auch nur ’ne Menge erzählt, dass sie Posten geärgert haben und so.“

Zeitzeuge Wilhelm H., 1896 in Grumme geboren – Angestellter Zeche Constantin – April.1981: „Während der Franzosenbesatzung mussten wir Angestellte der Zeche mit in der Kokerei arbeiten, damit die Ofen nicht kalt wurden. Während dieser Zeit haben wir unten in der Grube die Lohnauszahlung gemacht, weil sonst die Franzosen vielleicht das Geld genommen hätten. Das Geld wurde heimlich von der Bank geholt, und in Schacht 1, die Constantin-Schächte waren ja unterirdisch alle verbunden, wurde das in Empfang genommen, in der Sprengstoffkammer eingeschlossen, und dann haben wir unten ausgezahlt.“

Zeitzeugin Josefine H., 1901 in Grumme geboren, April 1981:
„Die Franzosen waren ja in der katholischen Schule stationiert, und Leute, die sich ein bisschen besser standen und mehr Platz hatten, die hatten Offiziere im Quartier, das wurde dann beschlagnahmt. Unter anderem die Metzgerei Hackert, die Frau war meine Tante, die hatten einen Kapitän, aber nicht Schiffskapitän. Der war sehr nett, nicht gehässig, und wir haben viel von ihm bekommen, Seife und andere Sachen, die hier knapp waren. Die meisten Grummer waren nicht von den Franzosen begeistert, das ist ja klar. Aber ich habe zwei kennengelernt, und die waren beide nett. Die kamen dann oft hier heruntermarschiert, und wenn wir am Fenster standen, winkten sie natürlich, die einen so kannten. Mittlerweile waren die ja schon so lange hier, da hat man einzelne ja auch gekannt.“

1925 Chronik der Grummer Schule: Das Jahr 1925 brachte dem Industriegebiet die Befreiung von der französ. Besatzung, die 2 1/2 J. hier gehaust hatten. Freitag, den 31.7.25 verließen die letzten Fremdlinge das Ruhrgebiet. Ungeheure Freude erfüllte alle, die Zeugen des brutalen Vorgehens der Franzosen waren oder selbst darunter gelitten hatten. Die Stadtverwaltung Bochum beziffert den durch die Besatzung erlittenen Schaden auf 3,2 Millionen Goldmark. In der Stadt waren untergebracht das Inf.Reg. Nr. 51 u. das Art.Reg. Nr. 17, außerdem noch verschiedene Miltärabteilungen bzw. Dienststellen. Viele öffentliche Gebäude waren beschlagnahmt. (Die hiesige Schule v. 18. Mai bis 26.12.23)

1925 Chronik der Grummer Schule: Am 1. August 1925 fand im Stadtpark zu Bochum aus Anlaß der Befreiung eine gewaltige Kundgebung der Bürgerschaft statt. Donnerstag, den 17. September, kam der Reichspräsident v. Hindenburg nach Bochum, um der Ruhrbevölkerung eine Anerkennung zu geben für die unerschütterliche Treue, die sie während der Besatzung bewiesen hatte. Auf der Hinfahrt des Präsidenten vom Hauptbahnhof zum Stadtpark bildeten 38.000 Schulkinder Bochums u. der Umgebung Spalier. Während der Rückfahrt übernahmen 26.000 Mitgl. der verschiedenen Vereine die Spalierbildung. Im Stadtpark fand eine Feier statt, bei welcher der Oberpräsident v. Westfalen Gronowski. Der Ministerpräsident Brum, der Oberbürgermeister Dr. Ruer u. d. Reichspräsident Ansprachen hielten.“