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Bäche – Teiche – Mühlen (3) 1850-1950

Verleihungsurkunde der Zeche Constantin 1854

Auf der Verleihungsurkunde der Zeche Constantin der Große (ca. 1850) ist der Grummer Bach zwar nur recht schematisch eingezeichnet, die Mündung fehlt. Doch der mäandernde Verlauf wird deutlich und auch der Mühlteich und der Zusammenfluss mit dem Schmechtingsbach kurz vor der Herner Chaussee (heute Herner Str.) sind eingezeichnet. Außerdem sind im Kernbereich des Dorfs drei Teiche erkennbar.
Auf allen Karten seit Beginn des 19. Jahrhunderts ist nur noch ein Quellbach zu sehen. Die Zuflüsse kurz nach der Quelle, aus dem Prattwinkel und entlang der heutigen Liboriusstraße sind verschwunden ebenso wie der Teich beim Hof Vierhaus und der teilweise ‚zweigleisig‘ parallele Bachverlauf. Grundlegende Eingriffe in die Natur des Bachtals erfolgten aber erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts.

Sammlung Spichartz

 

Noch in den 60er Jahren wurde im Bachtal Landwirtschaft betrieben, hier grasen Kühe auf der Weide westlich der Bergstraße. Wegen der Maul- und Klauenseuche wurde später auf Schweinemast umgestellt.

 

 

 

 

  • Zeche Constantin
Übersichtskarte des Rheinisch-Westfälischen Steinkohlenbezirks Blatt Bochum – Ausschnitt ca. 1900

An dieser Karte des Rheinisch-Westfälischen Steinkohlenbezirks wird deutlich, dass die Industrialisierung erste Spuren hinterlassen hat. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Schacht 1 der Zeche Constantin der Große östlich der Herner Straße abgeteuft. Das Bachtal selbst blieb fast unverändert, nur fließt der Bach nun unterhalb der Zeche durch einen Klärteich.

Ausschnitt aus einem Stadtplan von 1906 © Stadt Bochum, 1823-2020, dl-de/by-2-0

Rechts auf der Karte von 1906 sieht man, dass dort inzwischen eine Halde angelegt worden ist, der Bach tauchte davor ab und floss im Kanal weiter unter der Herner Straße durch, um dahinter wieder offen in den Hofsteder Bach zu mündet. Über einen Graben wurde Wasser vom Bach zur Zeche geleitet. Man benutzt das Wasser zur Speisung der Dampfkessel, weil das Grubenwasser sehr salpeterhaltig ist und leicht Kesselstein absetzt. 1939 ist auf einer anderen Karte an der Halde der Sportplatz des SV Eintracht Grumme e.V. eingezeichnet, der später beim Ausbau des Ruhrschnellwegs verschwand.

  • WASSER war immer schon wichtig

Wasser ist ein wichtigesThema für einen kleinen Ort wie Grumme, der so nah an einem Bach gebaut ist. Streit kann es geben um die Entnahme von Bach- und Quellwasser ebenso wie um die Berechtigung, Abwässer in den Bach einzuleiten. Betroffen sind Landwirte, Gartenbesitzer und Müller, die den Bach schon immer benutzt haben, seit ca. 1900 spielt auch der Bergbau eine wichtige Rolle.

Als 1902 die Quelle beim Hof Doerdelmann versiegte, wurde vermutet, dass der Bergbau schuld war, obwohl Schacht 6/7 noch gar nicht in Betrieb war. 1923 befürchteten zwölf Anlieger des Grummer Bachs (darunter Otte, Höhne, Dieckmann, Goeke), dass die Zeche zuviel Wasser entnahm und ihren Äckern und Gärten das Wasser fehlte.
Nach 10jährigem Rechtsstreit beschloss 1931 der Bezirksausschuss Arnsberg:
„Der Gewerkschaft ver. Constantin der Grosse in Bochum wird … das Recht verliehen, dem Grummerbach in Bochum
a) für die Schachtanlagen 1/2 … mitttels einer Rohrleitung und eines Sammelbeckens ca.2000 cbm täglich zu Betriebszwecken zu entnehmen,
b) für die Schachtanlagen 6/7 …. aus 3 Brunnen durch eine Pumpanlage unterirdisches Wasser in einer Menge von ca. 1500 cbm. täglich zu Betriebszwecken zu entnehmen.“ (Archiv Otte).

Es wird auch berichtet, dass der Teich der Kaiseraue als Löschwasserreservoir für die Zeche genutzt wurde. Eine Rohrleitung mit Pumpen führte vom Teich aus hoch zur Zeche auf dem Kötterberg. (Spichartz S.32). Doch Wasser blieb knapp, als 1976 Brunnen am Kötterberg trockengefallen waren, mussten einige Häuser an das reguläre Wassernetz angeschlossen werden.

Schon 1909 einigten sich die Bauern Vierhaus und Helf in einem Vergleich über die „Zuleitung von Abwässern in den Grummer Mühlenbach“. Schwieriger war es mit den Zechen. Das Grubenwasser der Constantin-Schächte 6/7 und 10/11 wurde ab 1923 über ein Kanalsystem zu Schacht 8/9 in Riemke geleitet und dort in einer Kläranlage gesäubert. Später wurde festgestellt, dass von 1906 bis 1913 von der auf 6/7 betriebenen Kokerei aus polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Benzol ins Grundwasser eingedrungen und ins Tal gelaufen waren. Dazu wurde erst 2022 das obere Gelände versiegelt, eine Filteranlage zur Grundwasserreinigung unterhalb ist erstmal für 15 Jahre in Betrieb.

Doch Wasser ist auch für die Freizeitgestaltung wichtig. Der Teich an der Kaiseraue wurde normalerweise nicht zum Schwimmen benutzt. So wurde schon 1923 der Bau eines ‚Strandbads’ im Grummer Bachtal gefordert, weil der Weg zur Ruhr zu weit sei. Dieser Vorschlag wurde nach langer Diskussison im gleichen Jahr von der Stadtverordnetenversammlung abgelehnt. Die schon seit 2021 projektierte ‚Planschwiese‘ im Tal der Ahlebecke wurde schließlich 1926 im Kontext des Baus der ‚Verbandsstraße OW IV‘, im neu geschaffenen ‚Grummer Grüntal‘ errichtet.

  • Kaiseraue-Teich
Fotomontage (Sammlung W. Brüsecke)


Am heutigen Kreisverkehr (Josephinen-/Heideller-/Tenthoffstr.), wo früher die Kaiseraue stand, gab es schon vor 1900 ein ‚Bassin’, von dem aus Wasser des Bachs zu den Häusern im Prattwinkel und zur Grummer Mühle geleitet wurde.

Ausschnitt aus einem Stadtplan von 1906 © Stadt Bochum, 1823-2020, dl-de/by-2-0

1902 legte der Bauer Theodor Helf dort den Kaiseraue-Teich an. Eine ausführliche Darstellung dazu findet man im Artikel Die „Kaiser-Aue“ von Heinz-Günter Spichartz.

Der Bach floss durch den neu angelegten Teich, dann am nördlichen Ufer heraus, unter der Tenthoffstraße her und dann daneben wieder herunter, dazwischen fuhr zeitweise die Straßenbahn. (s. Foto links und Karte rechts). Der Bach verlief dann weiter westlich, kreuzte die heutige Herner Straße und mündete kurz vor der Bulksmühle in den Hofsteder Bach

  • Grummer Mühle – Höhne’sche Mühle.

Ausschnitt aus einer Postkarte von 1908, rechts neben der Mühle führt die heutige Grummer Straße nach hinten

Foto der Mühle 30er Jahre

Auf der Niemeyerschen Karte von 1791 ist an der späteren Bergstraße der Mühlteich des Bauers Höhne eingezeichnet, ebenso auf der Gemeinde-Charte des Parcellar Katasters von 1823. Die Wassermühle selbst lag gegenüber. Sie wurde erstmals 1836 im offiziellen Mühlenkataster genannt mit Bauer Höhne als Besitzer. Im Sommer war der Betrieb eingeschränkt, weil der Grummer Bach oft nicht genug Wasser lieferte. Vor allem für für Bauern aus Harpen, Hamme, Riemke, Hofstede und Grumme wurde gemahlen.
Weil die Zeche Constantin das Staurecht am Mühlenweiher gekündigt hatte, wurde die Mühle 1922 mit einem elektrischen Antrieb umgebaut. Auf dem Stadtplan von 1928 ist der Mühlteich dann verschwunden. 1952 wurde die Mühle stillgelegt und 1961 abgerissen. Noch heute führt die Straße ‚Mühlental‘ von der Grummer Straße ins Tal des Grummer Baches.

In einer Schrift aus dem Jahr 1900 ‚Heimatkunde Bochum – Stadt und Land‘ berichten die Verfasser Stein und Kamp von einem ‚Gang von Bochum nach Grumme’.
„Steigen wir den Tippelsberg hinab, so kommen wir an seinem Fuße in ein Seitenthal (den Prattwinkel). Hier sind mehrere Quellen nahe am Wege. Die Quelle an der Ostseite des Thales in Dördelmanns Wiese ist in einem Bassin aufgefangen. Von diesem aus wird das Wasser in Röhren in die Häuser am Eingange zum Prattwinkel, in die Mühle und die Halsstricksche Schmiedes geleitet. (Wasserleitung ohne Maschinen.) Dem Prattwinkel gegenüber liegen die Bauernhöfe Blomberg und Höhne. Letzterer liegt am Eingange zur ”Aalebecke”, einem flachen WiesenthaL Auch hier befindet sich eine ähnliche, nur von Höhne benutzte Wasserleitung.“
Zum Kötterberg wird berichtet:
„ In diesem zweiten Thale sind mehrere und stärkere, auch leicht zugängliche Quellen zu sehen. Die stärkste Quelle am ”Kötterberg” ist ebenfalls aufgefangen und sendet ihr Wasser u. a. in die Grummer Kirche.“

  • ‚Schlacken-Halde‘ am Oberlauf

1926 baute die Eisen- und Hüttenwerke AG an der oberen Castroper Straße ihre Anlagen zu einem Stahlwerk aus. Für die Anbindung an die Zeche Lothringen IV wurde dazu eine Eisenbahn-Trasse gebaut. Das Tal wurde mit einem Damm überbrückt, der oft ‚Schlacken-Halde‘ genannt wird. Durch diesen fließt der Grummer Bach noch heute in einem Kanal. Dahinter wird er im Betonbett kerzengerade bis vor die Quelle kurz vor der Autobahn A43 geführt. Heute führt die ‚Lothringen-Trasse’ als Fahrradweg über den Damm.

  • Becke im Bereich des Neuen Stadtparks

Auch der nördliche Teil des 1908 vollendeten zweiten Teils des Bochumer Stadtparks gehörte zu Grumme. Die Grenze der Gemarkung verlief – bis zur Verlegung ca. 2000 – mitten durch den oberen Teich. Fast vergessen ist, dass auch dort früher ein Bach verlief.
Ein Grummer Bürger berichtete in den 80ern, dass noch vor dem ersten Weltkrieg eine „Becke .. durch den Stadtparkteich und dann die Augusta-Viktoria-Allee* hinunterfloss, bis sie in dem Bach der Schechtingwiese mündete“ (Th. Mono, Die Geschichte des Bochumer Stadtteils Grumme zwischen 1900 und 1980 im Spiegel erzählender Quellen und Erinnerungen Bochum 1981 S.8; die dort genannte Allee heißt heute Herder Allee).

  • Regulierung der Schmalebecke

Auf der Chronik des KLEINGARTENVEREIN AM BÖCKENBUSCH EV. BOCHUM GRUMME erfährt man, dass 1934 Grummer Bürger in Eigeninitiative auf dem Gelände der Bochumer Heimstätte und dem Acker der Witwe Liebermann eine Kleingarten-Anlage anlegten. Karl Stier, Friedhofsverwalter in Grumme, besorgte Loren und Gleise. Der Hügel wurde abgetragen und zum Ausgleich des Gelände in die Senke transportiert. So wurde aus dem Gelände in Steillage brauchbares Gartenland. Der Verlauf der Schmalebecke wurde geändert, damit diese nicht das Gartenland durchfloss. Mit Drainagerohren wurde das Land entwässert, als Packlage für die Wege diente Hochofenasche.

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